SM Zürich 2017 von Disziplin zu Disziplin
Von Disziplin zu Disziplin
100m: Einziger Vertreter des TVL über 100m war Tim Stalder. Nachdem er im Vorjahr über 400m startete hatte er dies Jahr die komfortable Situation über 100m wie auch über 200m startberechtigt zu sein. Er musste nach dem Meeting in Bulle wegen muskulären Beschwerden trainingsmässig etwas zurückstecken. Im Kurzsprint zeigte er eine kämpferisch gute Leistung. Für einen Exploit reichten an diesem Tag Kraft und Topspeed nicht. Mit 11.27 Sek. verzeichnete Tim bei praktisch Windstille seine zweitbeste Zeit ever.
200m: Tim Stalder hatte es in der 3. Vorlaufserie bei 0.7m Gegenwind mit sehr prominenten Gegnern zu tun. Alex Wilson gewann die Serie, der „Finaldritte“ Pascal Müller wurde Zweiter, Kariem Hussein wurde Vierter. Tim Stalder wurde Siebter mit 22.44 Sek. Er zeigte, dass er sich von grossen Namen nicht einschüchtern lässt. Der Lauf war solide, es mangelte etwas an der Fähigkeit eine hohe Kadenz kraftvoll durchzuziehen. Es ist für jeden Sprinter schwierig, sich in einem Teilnehmerfeld mit sehr starken Gegnern zu bewegen. Tim Stalder hat gezeigt, dass er davon unbeeindruckt sein Rennen laufen kann. Trainingskollege Ralf Kurath wurde im gleichen Vorlauf mit 22.64 Sek. Achter. Silvan Lutz startete zusätzlich zu seinem 400er auch über 200m. Der dritte Vorlaufrang mit 21.85 Sek. reichte nicht zur Qualifikation. Bei einem Gegenwind von 1.3 m/Sek gelang es Silvan für einmal nicht optimal, seinen langen 400er Schritt genügend zu verkürzen und mit mehr Power auszustatten. Allerdings ist zu vermerken, dass sich Silvan vor zehn Tagen einen Fussmuskel gezerrt hat. Das führte zu einer erhöhten Belastung der Wadenmuskulatur mit entsprechendem Zug auf die Achillessehne. Diese Beeinträchtigung war dann auch über 400m spür- und sichtbar.
400m: Diese Disziplin war noch vor einigen Jahren wegen dem beträchtlichen Leistungsgefälle wenig spannend. Dieses Jahr wurde das Bahnrundenrennen als eigentliches Highlight angekündigt. Das Versprechen wurde im Final mehr als eingelöst. Joel Burgunder konnte sich bis 300m vor dem Ziel nicht wirklich absetzen. Silvan Lutz blieb hartnäckig dran. Es dürften die bisher schnellste 300m Zwischenzeit (33.80 Sek) von Silvan gewesen sein. Dann richtete sich Silvan zu sehr auf, der optimale Lauffluss war weg und die starken Gegner hinter ihm sahen und nutzen ihre Chance. Daniele Angelella und Luca Flück konnten zu Silvan aufschliessen und ihn kurzzeitig gar überholen. Das wollte der TVL-Meisterschaftssprinter nicht zulassen. Es gelang ihm auf den letzten fünf Metern nochmals etwas Körpervorlage zu gewinnen und damit war er in der Lage die Konkurrenten in extremis abzufangen. Silvan Lutz 46.97, die viert beste Zeit seiner Karriere, Angelella 46.98 und Luca Flück ebenfalls 46.98. Vorne weg und getragen vom zahlreichen Publikum lief Burgunder einen deutlichen Sieg nach Hause. Diese Vizemeisterschaft verdient in Würdigung der Umstände ein extra Lob. Seinen Vorlauf gewann Silvan mit einer ganzen Sekunde Vorsprung auf Vincent Notz souverän. Im ersten Vorlauf zeigte Matyas Kobrehel eine deutliche Steigerung auf 50.45 Sek. Das ist seine drittbeste je gelaufene Zeit. Sein Fähigkeit hohe Kadenz laufen ist auffallend. Dahinter vermag er noch nicht die Kraft zu stecken, die für eine Schrittverlängerung nötig wäre. Kämpfen kann er, das hat er einmal mehr bewiesen. Matyas darf mit seiner Leistung zufrieden sein. Auch er hatte mit dem Trainingskollegen Ralf Kurath, der für den TV Mels startet, zu tun. Ralf, der erst dieses Jahr auf SM-Niveau läuft, zeigte mit 50.31 Sek. ein gutes Rennen. Vielleicht ist er das Rennen für seine Verhältnisse etwas zu schnell angegangen.
400m Hürden: Andreas Ritz kämpfte in den letzten drei Wochen mit Beschwerden im Knie. Er wusste, dass er nicht ganz optimal auf diese SM vorbereitet war. Die Trainingsintensitäten hätten hochgehalten werden müssen, das konnten sie aber nicht. Sein Vorlauf wurde vom Sta-dionspeaker wie folgt angekündigt: „Andreas Ritz, TV Länggasse Bern wird in diesem dritten Vorlauf nicht zu schlagen sein. Dahinter dürfte es aber für die nachfolgenden Läufer spannend werden“. So war es dann auch. Andreas konnte mit Blick auf die Gegner einen sorgenfreien und überlegenen Vorlaufsieg verbuchen. Im zweiten Vorlauf präsentierte sich Simon Gerber bei der Vorstellung der Athleten mit einem souveränen Winken in die Kamera, was vom erstaunlich zahlreichen Publikum mit Freude auf der Grossleinwand beobachtet werden konnte. Simon hatte die Quali für die SM in „letzter Minuten“ geschafft. Sein Antreten in Zürich war, wie sich zeigte, absolut berechtigt. Sechs 400m Hürdensprinter vermochte er bei seinem ersten Auftritt bei der Elite zu schlagen. Mit 58.52 Sek. und vor allem mit einem auch technisch und rhythmisch ge-lungenen Lauf kann er mehr als zufrieden sein. Nicht alle vermochten mit der völlig über-schwemmten Bahn und dem starken Gewitterregen so gut umzugehen wie Simon. Trainingskol-lege Stefan Schmocker wusste um seinen Trainingsrückstand. Er startete trotzdem und er machte dabei alles richtig. Er lief seine besten 300m Hürden ever. Statt das Rennen sehr vor-sichtig anzugehen, auf das es dann am Schluss irgendwie doch reicht, absolvierte er engagiert und auch technisch einwandfrei acht Hürden. Dann, und das war zu erwarten, kam der „Ein-bruch“. Allerdings hätte dieser deutlich höher ausfallen können. Denn trotzdem schaffte Stefan es mit 59.52 Sek. noch unter die 60 Sekunden. Das war eine wirklich gute Investition in die kommenden Rennen. Im samstäglichen Final wurde Andreas Ritz Dritter mit 51.80 Sek. Ein tolles Resultat. Auch ein Sieg wäre an diesem Tag möglich gewesen. Es zeigte sich einmal mehr, dass im Sprint die Gesundheit von entscheidender Bedeutung ist. Man muss bis zu den Meisterschaften hohe Intensitäten trainieren können, wenn man optimal vorbereitet sein will. Andreas gehört nun schon seit vielen Jahren zu den sicheren Werten an den Schweizer Meister-schaften.
800m: Pascal Furtwängler dominierte seinen Vorlauf nach Belieben. Mit 1.51.82 lief er auch gleich die zweitbeste Vorlaufzeit aller Konkurrenten. Damit war klar, er würde am Samstag im Final zu den Favoriten zählen. Dieser Final war dann ein typisches Meisterschaftsrennen. Man bummelte und jeder im Feld hoffte und glaubte, er gehöre am Schluss zu den Spurtstarken. Topfavorit Hugo Santacruz musste verletzt passen. Bis 200m vor dem Ziel tat sich im Feld so gut wie nichts. Diese 600 Meter hätte man auch streichen können. 120 Meter vor dem Ziel war Pascal etwa vier Meter hinter der Spitze. Er wartete etwas zu lange mit seinem Angriff. Da das Rennen langsam war, spurteten auch die schwächeren Läufer munter mit und machten es Pascal schwer, an die Spitze zu gelangen. Mitten im Feld stürmte er, etwas spät, wie sich letztlich herausstelle knapp zu spät nach vorne. Jonas Schöpfer hatte sich vom Überholen schwächerer Gegner beflügelt, an die Spitze gesetzt und er konnte einen kleinen aber entscheidenden Vorspruch auf Pascal in Ziel retten. Trotzdem ein schöner zweiter Rang und viel Freude auf dem Podest. Im dritten Vorlauf wurde Alain Croisier mit 1.59.69 Fünfter. Das entspricht wohl nicht den Erwartungen. In den schnellen Vorläufen ist ein gutes Stehvermögen gefragt, daran schien es an diesem Tag zu mangeln.
1500m: Die Vorläufe über diese Distanz fielen aus. Alle Läufer waren am Samt noch frisch für den Final. Schon in der zweiten Runde wurde das Feld zweigteilt. Vorneweg Wanders, Gmür und Hochstrasser und dahinter das Feld mit Reto Ramseier und Hendrik Engel. Reto lief ein kluges Rennen. Er liess sich von den respektablen Gegnern mitnehmen und war dann in der Lage auf den letzten 150 Metern einigen von diesen davon zu eilen. 3.54.65 Minuten bedeuten Rang 6 und eine persönliche Bestzeit, gelaufen in einem SM-Final. Hendrik Engel reihte sich ebenfalls gut in das 15er Feld ein. Er kämpfte in den letzten Monaten mit muskulären Problemen und war daher nicht in der Lage um einen Platz an der Spitze der Verfolgergruppe zu kämpfen. Für ihn war es eher ein Aufbautraining und dafür sind seine 3.57.19 Min. und die Gewissheit wieder dabei zu sein ein positives Fazit.
800m Frauen: Am Freitag kündigte Sina Sprecher mit 2.10.74, der schnellsten Vorlaufzeit aller Serien, ihren Anspruch auf einen Podestplatz deutlich an. Selina Baumberger wurde mit 2.18.79 im dritten Vorlauf Fünfte. Damit klassierte sie sich besser als zwölf weitere Konkurren-tinnen. Zum Finaleinzug fehlte letztlich gar nicht so viel. Im Final bummelten die Läuferinnen bis fast auf die Zielgerade. Dort gestaltete sich dann allerdings ein dramatisches Rennen, Kopf an Kopf mit ständig wechselnden Reihenfolgen. Letztlich gewann Lore Hoffmann, die Läuferinnen auf den Rängen zwei bis vier liefen mit der genau gleichen Zeit von 2.13.96 Min. ins Ziel. Wo gab es das schon? Sina Sprecher wird in der Rangliste als Dritte geführt gleichauf mit Alexandra Bosshard. Aus Sicht des TVL hätte das Rennen etwas weniger dramatisch sein dürfen.